Die perfekte getrocknete Tomate

Mastrototaro Bisceglie Apulien

 

Der Beginn einer jeden getrockneten Tomate liegt auf dem Feld. Und davon hat Giovanni Pugliese mehr als genug. Ein Dutzend Höfe bewirtschaftet Giovanni in und um Bisceglie, einem Städtchen in der Nähe von Bari in Apulien. Auf seinen Feldern wachsen Oliven, Auberginen, Zucchini — und natürlich Tomaten. Und genau in einem solchen Tomatenfeld steht er nun. Mit groben Arbeitsschuhen an den Füßen, einem weißen Strohhut auf dem Kopf und braun gebrannt von der apulischen Sonne. Es ist heiß auf dem Feld — Juli in Apulien. Jetzt haben die apulischen Tomaten Saison. Und da die Tomaten Saison haben, findet man Giovanni auf dem Feld. Und beim Trocknen der Tomaten.

„Nein!“, ruft Giovanni laut und nimmt das Sieb voll Meersalz an sich, „Ich hab Dir schon tausendmal gezeigt, wie man das richtig macht.“ Seine Arbeiter scharen sich um ihn. „Con cuore, mit Herz, musst Du salzen — und den Kopf dabei nicht vergessen“, sagt er schmunzelnd. Mit langsamen Bewegungen schwenkt er das grüne Pastasieb, randvoll mit Meersalz gefüllt, über die frisch aufgeschnittenen Tomatenhälften. Gleichmäßig rieselt das Salz auf die Tomaten herab. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur perfekten getrockneten Tomate ist gemacht.

Das bedeutet im Umkehrschluss: Giovanni füllt Gemüsekonserven immer dann ab, wenn das jeweilige Gemüse auch Saison hat. Artischocken im Frühjahr, Tomaten im Sommer, Zwiebeln im Herbst. Für seine Kunden heißt das: Vorausplanen. Während andere Produzenten ernten und das Gemüse zuerst einmal in die Kühlkammern schaffen, um es später bei Bedarf herauszuholen, steckt bei Giovanni längst alles im Glas. Seine Überzeugung: In der Kühlkammer verliert das Gemüse an Geschmack und Farbe, wird fad und bleich, eben alles andere als „erntefrisch“.

Und beim Abfüllen. Und, und, und. Von morgens um 4 Uhr bis abends um 22 Uhr dauert Giovannis Arbeitstag. Denn herausragende eingelegte Gemüsekonserven gewinnt man nur aus frischem Gemüse. Eben dann, wenn es Saison hat. Und genau das ist einer der Grundpfeiler von Giovanni Puglieses Produktphilosophie: Das Gemüse, all die Tomaten, Auberginen, Zucchini, Artischocken, wird frisch geerntet und sofort abgefüllt. Nur so lässt sich „erntefrisch“ auch wirklich schmecken. Vom Pflücken der Tomaten bis zum Abfüllen der Tomatenpassata vergehen selten mehr als zwei Stunden.

Oder um es anders zu sagen: Die Spezialitäten von Giovanni Pugliese haben wenig gemein mit der Vielzahl an Produkten, die sich auf dem deutschen Markt finden.

Giovanni deutet auf ein fussballfeldgroßes Areal, wo die Tomaten auf hüfthohen, meterlangen Rahmen zum Trocknen ausliegen. Von Hand in zwei Teile geschnitten, von Hand gesalzen, trocknen sie hier sechs Tage lang. „Jeden Morgen musst du den Wetterbericht kontrollieren“, sagt Giovanni. „Wenn es hier einmal unvorhergesehen regnet, ist alles futsch!“ Vom Trocknen aus geht es in die Produktionsanlagen der Firma Mastrototaro. 2008 hat Giovanni vor den Toren von Bisceglie die moderne Abfüllanlage bauen lassen.

Gerade deshalb will Giovanni die komplette Produktionslinie in der Hand haben. „Der perfekte Reifegrad einer Frucht“, sagt er und schiebt für einen Moment den weißen Strohhut aus den Augen, „macht 70 Prozent seiner Qualität aus.“ Er blinzelt in die Sonne. „Und genau das ist häufig das Problem — unreifes Gemüse, Gemüse, das schon schimmelt oder schon vorverarbeitet ist — all das wird mit schlechtem Öl aufgegossen und verpackt und landet dann als ,Spezialität‘ zu Billigpreisen in deutschen Supermarktregalen.“ In apulischem Staccato-Dialekt beschreibt er, was er anders macht. Denn bei Mastrototaro ist so ziemlich alles Handarbeit — das macht die Produkte qualitativ hochwertiger.

Hier kommt ausschließlich Natives Olivenöl Extra ins Glas, nach alter apulischer Tradition mit frischen Kräutern versetzt.

Und während die Deckel über die Pomodori secchi gestülpt werden, bringt Giovanni seine Philosophie auf den Punkt: „Non hai cuore, non farai mai bella qualità.“ „Wenn Du kein Herz hast, dann machst Du niemals gute Qualität.“ Giovannis Herz aber, das schmeckt man in allen seinen Spezialitäten: in den getrockneten Tomaten, gegrillten Artischocken, Auberginen und Zucchini, seinen eingelegten Zwiebeln, seinem Pesto …

Im Inneren des Gebäudes riecht es intensiv nach Tomate. Dominierende Farbe in den Kesseln und auf den Rahmen: Feuerrot. Denn auch das unterscheidet Giovannis getrocknete Tomaten von vielen Konkurrenzprodukten. Während diese in den Kühlkammern über die Zeit an Farbe verlieren, bewahren Giovannis Saison-Tomaten auch im Glas ihre feuerrote Farbe. Gerade legen Giovannis Mitarbeiter jede einzelne getrocknete Tomatenhälfte von Hand ins Glas. „Hier wird nochmal aussortiert“, erklärt er. Wenig später schon fließt das Öl in die Gläser — eingefüllt wird es natürlich von Hand.