Auf die Eier kommt es an

Pastificio Spinosi Campofilone Marken

 

Dabei ist genau genommen gar nicht er der Star, der die Welt bereist und von den Schönen und Reichen umlagert wird, sondern sei­ne Pasta: die weltberühmten Nudeln „Spinosini“. Wobei wir nun doch wieder bei ihm und seinem Namen wären. Denn ­Vincenzo Spinosi ist nicht nur der Namensgeber für die feinen Nudeln, sondern auch der Erfinder und Produzent der Spezialität.

Um herauszufinden, was genau hinter Vincenzo und seinen Pasta-Spezialitäten steckt, verlassen wir die weite Welt und begeben uns ins abgelegene Dorf Campofilone in den Marken, ganz in der Nähe von Ancona.

Abu Dhabi, Shanghai, Bangkok — Vincenzo Spinosi war schon überall. Ob die kokett lächelnde Miss America an seiner Seite, Auftritte im chinesischen Fernsehen — nichts kann Vincenzo aus der Ruhe bringen. Im Gegenteil: Das Wort „Ruhe“ ist ein Fremdwort für ihn.

Das Haus am Hang mit der unverstellten Aussicht über die Adria beherbergt Laden- sowie Produktions- und Geschäftsräume. Überall stapeln sich Auszeichnungen, Fotos und Spielzeug — die Geschäftsräume erinnern so viel eher an ein Museum, das nur ein Thema kennt: Vincenzo Spinosi selbst. Und inmitten dieser Atmosphäre aus Produktivität und Spielzeugladen empfängt uns der Meister höchstpersönlich.

Ein steile Straße führt hinauf in das Örtchen und — kaum dort angekommen — eine noch viel kleinere und steilere Straße hinab in den Hinterhof, aus dem die Nudelspezialitäten ihren Siegeszug in die Küchen und Feinkostgeschäfte der Welt angetreten haben. Seit 1933 produziert Familie Spinosi hier Pasta. Vincenzos Vater hat die Pasta-Tradition begründet, Vincenzo später selbst die berühmten Spinosini entwickelt und heute kümmert sich Sohn Marco um die Finanzen.

Und genauso wie beim Champagner, kommt es auch bei den Pasta-Varianten von Spinosi in jedem Arbeitsschritt auf größte Sorgfalt an. Neben bestem Hartweizengrieß aus Apulien das Wichtigste dabei: die Eier. Denn die Pasta-Spezialitäten von Spinosi enthalten kein Wasser, die ganze Flüssigkeit für die Herstellung der Nudeln stammt aus dem Ei. Und weil die Eier so wichtig sind, kauft Spinosi diese auch nur bei ausgesuchten Bauern der Umgebung. Der Clou: Im Gegensatz zur industriellen Großproduktion, werden hier die Eier noch wie früher von Hand aufgeschlagen — laut Vincenzo Basis für die Finesse und den vollen Geschmack der „Spinosini“, die in einem schlauchförmigen, grün gekacheltem Raum, kaum größer als ein gewöhnlicher Partykeller, gemacht werden. Gerade einmal eine Produktionslinie passt hier hinein, gepresst wird der Teig durch Zieheisen aus Bronze.

Das Gesicht ist braun gebrannt, die Haare nur noch spärlich vorhanden, er ist drahtig gebaut — und alles an ihm scheint zu lachen. An seiner Hand baumelt das Markenzeichen Spinosis: eine große Kinderuhr — in den Signalfarben Rot, Gelb und Blau. Eine weitere Besonderheit Spinosis sind seine grell-bunten Hawaii-Hemden, ohne die er mittlerweile zu keinem offiziellen Termin mehr erscheint. Doch Enthusiasmus zeigt er nicht nur bei der Kleiderwahl, sondern vor allem, wenn er über seine Pasta spricht. „Spinosini — das ist der Champagner unter den Pastavarianten“, gibt er uns gleich zu Beginn mit auf den Weg in sein „Laboratorio“. Hier also wird der Teig geknetet, die Pasta gepresst, getrocknet und schließlich verpackt.

Viel wichtiger als der ökonomische Erfolg ist ihm dabei die Anerkennung für seine Produkte und die Wertschätzung der eigenen Arbeit. Gerne erläutert er, dass seine Bandnudeln „keine gewöhnlichen Tagliatelle“ seien, viel eher handele es sich um „Tagliatelle di Vincenzo Spinosi“. Dieser kleine aber feine Unterschied hat sich herumgesprochen: Nicht umsonst hält Spinosi an der weltweit renommierten Universität Bocconi in Mailand Vorlesungen zum Thema Pasta. Eines sollte spätestens jetzt klar sein: Vincenzo Spinosi ist kein gewöhnlicher Mann — und seine Pasta-Spezialitäten sind gerade deshalb so außergewöhnlich gut. Davon hat er auch auch die amtierende Miss America und das chinesische Fernsehen längst überzeugt.

Das raut die Oberfläche des Teiges auf, die Pasta wird poröser — so bleibt die Sauce hinterher besser haften. Fast alles ist hier Handarbeit: Die frische Pasta wird beinahe zärtlich von sechs in strahlendes Weiß gekleideten Damen auf Papier gelegt, bevor sie dann 24 bis 36 Stunden langsam auf großen Holzrahmen trocknet.

Mit seinen Spezialitäten hat Vincenzo Spinosi eine ganz neue Pasta-Tradition in Campofilone begründet. Früher wurden hier ausschließlich die Maccheroncini di Campofilone gefertigt — feinste Maccheroni, auf Grund ihrer Finesse auch Engelshaar genannt. Spinosi hat diese Tradition aufgegriffen und mit seinen Spinosini zu neuem Ruhm geführt.