Das Feld bestellt

I Campi Monteforte d’Alpone Venetien

 

mit Flavios Geländewagen unterwegs in die Weinberge.

Inhaber, Önologe und Kellermeister in einem — Flavio Prà ist die Kellerei I Campi. Familie Prà ist bereits in vierter Generation im Weinbau tätig, 2006 begründete Flavio sein eigenes Projekt, I Campi. Seine Philosophie verbirgt sich bereits im Namen. „I Campi“, das heißt ganz einfach „Felder“. Und genau so einfach ist auch Flavios Philosophie: „La cosa più importante non è la tecnica, bensí il suolo.“ Das Wichtigste, um einen herausragenden Wein zu machen, ist nicht die Technik, es ist der Boden, sagt Flavio. Aus diesem Grund tragen seine Weinberge auch alle das Präfix „Campo“ — „Campo Vulcano“, von hier stammt sein preisgekrönter Soave oder „Campo Ciotoli“, der Weinberg aus dem das Traubengut für den Valpolicella kommt. Alle Weinberge liegen in unterschiedlicher Höhe, haben unterschiedliche Böden und neigen sich ganz unterschiedlich zur Sonne. Und sie heißen ganz einfach nach den dominierenden Steinen — „Vulcano“, Vulkangestein, „Ciotoli“, Kieselsteine. Und Flavio Prà weiß, welche Rebe wo am besten wächst. 

Das Abendlicht liegt über dem Städtchen Soave im Veneto. Hinter den charakteristischen Schwalbenschwanzzinnen der Skaliger­festung steht die Sonne schon tief über der Strada del Vino Soave. Glücklicherweise haben wir die eigentliche Abfahrt auf der Autobahn A4 verpasst — und so erreichen wir nun über die kurvige Straße des Soaveweins und durch den abendlichen Dunst die Hochebene des Val d’ Illasi. Stimmungsvoller kann man nicht zu I Campi reisen. 

Ein schöner Juliabend in Venetien. Die vorherrschende Farbe im Val d’ Illasi, zwischen Verona und Vicenza, ist grün. An den steilen Hängen des Tals, in der breiten Ebene, überall dominieren die sattgrünen Reben. Durchzogen wird das Rebenmeer nur durch das ausgetrocknete, weiße Flußbett des Fiume Progno. „Der Progno führt nur zweimal im Jahr überirdisch Wasser“, erklärt Flavio Prà, als wir mit dem Vierradantrieb über die weißen Steine des Flußbettes rumpeln. „An allen anderen Tagen fließt das Wasser unterirdisch“. Wir haben unseren Fiat Punto an der Kellerei stehen lassen und sind nun

Die stimmige Zusammensetzung des Bodens, angenehme Temperaturen und natürlich „Ventilazzione“, der frische Wind, der von den gerade einmal dreißig Kilometern entfernten Alpen das Val d’ Illasi herabstreift. Unten im Tal wird künstlich bewässert, hier oben ist das nicht nötig. Geerntet wird natürlich von Hand, gerade einmal tausend Flaschen pro Jahr stammen aus dem „Campo Marna“. Flavio nennt sich selbst „Enologo del Territorio“, Önologe des Terroirs. Und man sieht es ihm an: Er fühlt sich im Weinberg zu Hause. Ein paar Meter weiter zeigt uns Flavio im angrenzenden Weinberg ein „landwirtschaftliches Experiment“. So nennt er das feinmaschige schwarze Netz, das er über die Rebenreihen gezogen hat. Es soll die Reben vor dem Hagel schützen, der hier oben immer wieder die Ernte bedroht. „Enologo del Territorio“, eben. 

Hier oben im Weinberg „Campo Marna“, Mergelstein, ist es angenehm kühl. Zwischen den Reben wachsen Wildblumen, die Zikaden singen. Die letzten Sonnenstrahlen ergießen sich über die Ruine des Castello d'Illasi auf der anderen Seite des Tals. Zu unseren Füßen das grüne Rebenmeer. Unten im Tal herrschen an diesem Abend im Juli noch drückende 32 Grad, hier in fünfhundert Metern Höhe weht ein frischer Wind. Flavio, Mitte vierzig, leicht graue Schläfen und sportlich in Jeans und beiges Polohemd gekleidet, bückt sich, greift nach einem Erdklumpen und zerreibt ihn in der Hand. „Terra di Monte“, sagt er, „feinste Berg­erde“.

Hier oben wachsen auf einem Hektar die Trauben für seinen Amarone della Valpolicella „Campo Marno“. Denn hier finden die über sechzig Jahre alten Reben perfekte Bedingungen vor:

280 französische Barriquefässer in einem modernen Keller mit hohen Decken und Wänden aus rot, rotbraunem und gelbem Beton. Einmal im Jahr reist Flavio nach Bordeaux und sucht sich die besten Holzfässer aus. 

Im Erdgeschoss, genießen wir vor dem Abschied ein Glas des Soave „Campo Vulcano“, seit 2007 auf dem Markt, seit 2008 in jedem Jahr mit der höchsten Wertung im Gambero Rosso versehen: Drei Gläser. Die Küche im Landhausstil lädt zum Verweilen ein, ortsansässige Handwerker haben sie im Stil des Val d’ Illasi aus dem rosafarbenen Marmor des nahen Valpolicella gefertigt. Nach dem letzten Schluck Soave entscheiden wir uns gegen die Autobahn und folgen der Strada del Vino Soave gen Osten.

Zurück im Tal, zurück in der Kellerei. Seit 2010 entstehen hier die Weine von I Campi im neu errichteten Gebäude. Sandfarben, mit rotem Dach, mächtigen Holztüren und kleinem Türmchen fügt es sich nahtlos in die Farben der Umgebung ein. Die Lage des Gebäudes ist alles andere als willkürlich — öffnet man die Fenster des Turmes so strömt der Wind der Alpen durchs Gebäude. Und dieser Wind ist wichtig für das „Appassimento“, das langsame und gleichmäßige Trocknen der Trauben für den Amaronewein. Über eine Treppe gelangen wir in die „Cantina“, den Barriquekeller, fünf Meter unter der Erde. Acht Lichtlampions beleuchten die expressive Weinszenerie: